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"Ohne Jäger, welche heute den Landwirten oft schwindelerregende Beträge als Jagdpachten zahlen, wären vermutlich Hirsche, Hasen, Rehe, Wildschweine und Rebhühner längst als landwirtschaftliche Schädlinge ausgerottet, wie das mit Maikäfern, Kornblumen oder Mohnblumen geschehen ist. Es ist das Verdienst der Jäger, das verhindert zu haben."
Bernhard Grzimek

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Bleifrei-bleihaltig

Autor: Peter M. Busch

Das Thema bewegt seit längerer Zeit Natur-, Umweltschützer, Jäger, wie auch Ministerien. Begonnen hat es bereits um 1960 mit einer Studie aus Canada, die besagte, dass gründelnde Enten sich durch Aufnahme von Schrotkügelchen aus Blei tödliche Vergiftungen zuzögen. Dies führte inzwischen dazu, dass in verschiedenen Ländern der Schuss auf Flugwild an Gewässern mit Bleischrot gesetzlich verboten wurde.

Um 1970 entwickelten Umweltverbände Aktivitäten gegen Betreiber von Schießständen auf denen zur Jägerausbildung, oder zu Übungs-und Wettkampfzwecken, Tontauben mit Bleischroten beschossen werden. Sie forderten, das giftige Blei müsse von den Betreibern entfernt werden, denn das Grundwasser würde mit Blei kontaminirt. Auch verpflichte das Produkthaftungsgesetz die Eigentümer der Schießstände die von ihnen verursachte Umweltvergiftung zu beseitigen. Würden sie der Aufforderung nicht Folge leisten, dann werde das behördlich angeordnet und von beauftragten Firmen durchgeführt. Die Rechnung sei dann von den Besitzern der Schießstände zu bezahlen. Obgleich diverse Expertisen belegen, dass von den Bleischroten keine Gefahr für das Grundwasser ausgehe, schwebt seit Jahren dieses „Damoklesschwert“ über den Betreibern von Schießständen. 
1998 wurde unter Berücksichtigung der Umweltbelastung die DJV-Schießvorschrift dahin geändert, dass das erlaubte Vorlage-Gewicht der Schrotpatrone beim jagdlichen Schießen auf 24 Gramm begrenzt wurde. Doch damit war das Thema nicht vom Tisch, denn Umweltschützer brachten es regelmäßig erneut ins Gespräch.

Den Eignern solcher Schießanlagen ließ die drohende Bleientsorgung „graue Haare“ wachsen, denn alleine ein Sportschütze der an internationalen Wettkämpfen teilnimmt, kommt im Jahr auf 50.000 Schuss Trainingseinheiten, das x 24g Bleischrot =  einskommazwei Tonnen Blei. Auch muss jeder Absolvent einer Jägerprüfung, zumindest in Bayern, nachweisen, dass er 250 Tontauben ( Wurfscheiben aus zerbrechlichem Material) auf einem zugelassenen Schießstand mit Schrot beschossen hat. Im schrägen Winkel nach oben geschossen, fliegen Schrote mit 2,4 Millimeter Durchmesser ca. 250m. Da die Stände vielfach seit 50 Jahren in Betrieb sind und dort in der Zwischenzeit mehrere Millionen Schuss abgefeuert wurden, kann man sich vorstellen wie hoch der Bleieintrag um derartige Wurftaubenstände ist und wie weit und wie tief das Erdreich im Bereich der niedergegangenen Schrote abgetragen werden müsste. Oft ist auch im Bereich des „Kugelfangs“ inzwischen ein Wald aufgewachsen. Das ist ein beängstigendes Kapitel für die Betreiber solcher Anlagen. Noch aber gibt es keinen „Entsorgungserlass“ oder gesetzliche Vorgaben wie hier in Zukunft zu verfahren ist.

Die Debatte um bleifreie Munition wurde um das Jahr 2007 erneut durch einen Forschungsauftrag angefacht der an das Leibnitz Institut Freie Universität Berlin ging. 

Es sollte herausgefunden werden, woran Seeadler eingehen. Das Ergebnis der Studie: Sie verenden an Bleivergiftung, verursacht durch bleihaltige Munition. Schuld seien Jäger, die Aufbrüche der erlegten Tiere in freier Natur liegen ließen. In den Aufbrüchen habe das Geschoss Bleipartikel in Form einer „Bleidampfwolke“ hinterlassen. Diese würde dann von Seeadlern und anderen Greifvögeln aufgenommen, was zu tödlichen Vergiftungen führe. Unterstützt wurde die Kampagne durch Marketingparolen diverser Anbieter bleifreier Geschosse. 
Die Geschosskörper bleifreier Projektile sind je nach Hersteller aus einer zähen Kupferlegierung als Deformationsgeschosse, oder aus spröder Kupfer- oder Messinglegierung als Teilzerlegungsgeschosse aufgebaut. Sie werden mittels Drehautomaten hergestellt. Um Geschossdeformation- oder Zerlegung zu erreichen, müssen eine Hohlspitze eingesenkt und Sollbruchkerben eingepresst werden. 

Je nach Anbieter sind die Hohlspitzen offen oder mit Kunststoffeinsätzen versehen. Alle sind darauf ausgelegt dass beim Aufprall auf Wild Zielmaterie in die Hohlspitze gepresst  und je nach Tiefe der Lochspitze Geschossfahnen zur Querschnittsvergrößerung aufgerollt- oder abgesprengt werden um mittels Splitterwirkung Gewebezerstörungen zu erreichen. Das Restgewicht der Deformationsgeschosse beträgt in der Regel um die 90%. Bei den Teilzerlegern wiegt das zylindrischen Heckteil noch ca. 45% des ursprünglichen Geschossgewichts. Letzteres soll richtungsstabil den Körper durchdringen und Ausschuss erzeugen. 

Untersuchungen unabhängiger Testlabore, wie auch Rückrufaktionen von diversen „Nature“ Laborierungen, deren Gasdrücke die zulässigen Normen überschreiten, bezeugen gravierende Mängel der bleifreien Vollgeschosse für die Jagd. 
Zunächst ist Blei bei gleichem Volumen ca. 30% schwerer als Kupfer, ein Grund weswegen seit Erfindung der Schusswaffe Bleigeschosse eingesetzt wurden. 

Dem harten Vollgeschoss fehlt auf jagdliche Schussdistanz oft die Zerlegungs- bzw. Verformungsbereitschaft mangels ausreichender v/z (Geschossgeschwindigkeit im Ziel). Die kurzen zylindrischen Heckteile der Teilzerleger mit knapp 50% Restgewicht, haben sich alles andere als Richtungsstabil  erwiesen. Sie überschlagen sich, landen meist abgelenkt in irgend einem Teil des Körpers, oder verlassen diesen in einem unberechenbarem Winkel. Auch ist die „Querschnittsbelastung“ der Vollgeschosse wegen ihres wesentlich geringeren spezifischen Gewichts ungünstig. (Blei 11,34g/cm³, Kupfer 8,95g/cm³) Eine hohe Querschnittsbelastung wird z.B. mit kleinem Kaliber und langem richtungsstabilem schweren Geschoss erreicht. Es begünstigt die Überwindung des Luftwiderstandes, dann die Tiefenwirkung im Wildkörper, auch nach Deformation, Querschnittsvergrößerung, oder Splitterabgabe. 

Weitere Nachteile der Vollgeschosse: Hohe Pressung im Lauf, bis hin zur Laufverformung, starke Lauferwärmung, Geschossabrieb, Gasschlupf im Lauf der unnachgiebigen Projektile mit vergleichbar geringerer v/0 als anpassungsfähige Mantelgeschosse mit nachgiebigem Blei-oder Zinn-Kern (Zinn 7,28g/cm³). Das Phänomen ist nicht neu.

Walter Lampel, Klassiker der Jagdballistik, kritisierte schon Ende der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts in seinem mit dem DJV Literaturpreis ausgezeichneten Fachbuch „Jagdballistik“: „Massivgeschosse können bei den vorerst gebräuchlichen Fluggeschwindigkeiten niemals befriedigen. Selbst bei außerordentlich hoher v/z sind sie für jagdliche Zwecke nur in sehr engen Grenzen überhaupt diskutabel“.

Bei dem ganzen Zirkus um bleifrei, fragt man sich, was eigentlich aus den bereits 1974 von Hirtenberger vertriebenen ABC-Geschoss geworden ist. Mit hohem Werbeaufwand und mittels Demonstrationsveranstaltungen wurde es seinerzeit den Jägern angepriesen. Das ABC-Deformationsgeschoss aus zäher Kupfer-Zink Legierung, bildete - zumindest bei der Vorführung im Schraubstock - 4 Fahnen mit über 100% Querschnittsvergrößerung und behielt über 90% Restgewicht. 2004 verschwand es bei Übernahme der Fa. Hirtenberger durch RUAG-Ammotec vom Markt. Es wurde hernach nochmals, nun mit „lebensmittelechter“ Zinn-Füllung der Deformationsspitze, unter der Bezeichnung  „GROM -Geschoss“ von Privi-Partizan angeboten, fand aber bis heute, 2015, keine nennenswerte Verbreitung. Auch Geschoss-Hersteller in den USA entdecken das ABC-Prinzip neu, nun als bleifreie Variante. Andere Hersteller der modernen, so zu sagen „seeadlerfreundlichen“ bleifreien Geschosse, versuchten die Anpassungsfähigkeit der Projektile an Zug und Feld der Läufe durch Eindrehungen von Rillen zu verbessern,  doch leider lassen sich die ballistischen Probleme der „harten“ Vollgeschosse nach wie vor nicht lösen. Verbessert haben sich bislang nur die Werbeparolen über deren hervorragende Leistungen. 

Beispiel Hornady 2013:„Natürlich bleifrei, natürlich splitterfrei“  (von 13 beschossenen Rehen lagen nur 3 in Feuer, 10 Fluchtstrecken bis 100m)

Der Verband Deutscher Berufsjäger erstellte nach Auswertung von 602 Abschüssen verschiedener Wildarten die mit bleifreien Projektilen beschossen wurden, eine Feldstudie aus der Revierpraxis, (W&H 16/13). Zunächst fallen die deutlich höheren Fluchtstrecken bei Kammertreffern auf. „ Rotwild dreifache Fluchtstrecke bei bleifreien Geschossen“. „Schwarzwild fünffache Fluchtstrecken“. Folgerungen des BDB: Maximale wirkungsvolle Schussentfernung für Wild ab 50kg: 120 -150m. Wenig bis keine Pirschzeichen am Anschuss. Nachsuchen oft erst am Folgetag erfolgreich mit „verhitztem“ Wild als Strecke.

Es ist ethischer Endzweck der Jagdballistik, Patrone und Geschoss auf einen Leistungsgrad zu bringen der die bestmögliche Wirkung im Wildkörper verspricht: 
Eine augenblicklich tötende Wirkung, ein für das Wild schmerzloses Ausser-Tätigkeit-Setzen aller Lebensfunktionen durch das Geschoss, möglichst auch im Falle eines ungünstigen Sitzes des Treffers.“ „Diese Arbeit“, so Lampel, „leistet das Geschoss nur dann, wenn es seinerseits mit stark angestauchtem, durch die nicht abgerissenen Fahnen des Geschossmantels im Querschnitt vergrößerten Restkörpers einen breiten, tiefen, Schusskanal verursacht“. „Ein allein durch den Restkörper des Geschosses gebildeter Schusskanal wird um so enger und kürzer sein, je leichter es in seinem Verhältnis zum Querschnitt ist“. 

Doch auch ein anderes Extrem ist bereits erfunden. In den USA wurden sog. „Zerfallgeschosse“ entwickelt, die sich im Zielmedium selbst verzehren. Anstelle eines Bleikerns sind die dünnmanteligen Geschosse mit einem „umweltfreundlichen“ Granulat aus Wolfram und Kupfer gefüllt. Die Eindringtiefe der Selbstzerleger beträgt im weichen Zielmedium nur ca. 50mm: Auf diesem Weg verbraucht sich das Geschoss mitsamt seiner Energie vollständig. Was es dabei leistet, ist erstaunlich:

Ein solches 36grs (2,3g) schweres Geschoss im Kal. .222Rem., „verwandelte bei einer v/z von 824 m/s ein im Gras mümmelndes Kaninchen in eine rot-braune Wolke und hernach sieht man auf dem Videofilm nichts mehr als das Gras.“ (Deutsches Waffen-Journal Nr.6/13) Makaber ausgedrückt, das Kaninchen war nach dem Treffer einfach explodiert, nicht mehr da und auch gleich entsorgt. 

Ob auch bei uns derartige „NTX“ ( Non-Toxic-Expanding ) oder „green energie“ Geschosse - mit dem versteckten Hinweis auf gesunde Bleifreiheit - jagdlich eingesetzt werden, bleibt abzuwarten. Zumindest den ÖJV-Jägern kämen sie sicher gelegen. 
Bleifrei und ohne Hinterlandgefährdung! 

Im deutschen Lebensmittelhygienerecht (Anhang zum Jagdgesetz) ist neuerdings auch die Problematik bleihaltiger Munition bei der Jagd erläutert. In diesem Zusammenhang untersucht das  Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BLV) seit 1997 mögliche gesundheitliche Risiken bei Verwendung bleihaltiger Projektile. Nach Untersuchungen und Stellungnahme des Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) reiche großzügige Entfernung des Fleisches aus dem Einschusskanal nicht immer aus alle Bleipartikel zu entfernen, doch weder „Normalverbraucher“ noch „Hochverzehrer“ seien einem erhöhten Risiko ausgesetzt. Schwangeren und Kindern bis zu 7 Jahren werde aber vom Verzehr von Wildfleich abgeraten, das mit bleihaltiger Munition erlegt wurde. 

Die Studie der FU Berlin hat auch bewirkt, dass das Bundesministerium für Ernährung Landwirtschaft und Verbraucherschutz nunmehr versucht die offenen Fragen bei der jagdlichen Verwendung bleifreier Munition zu klären: „Die Probleme beziehen sich u.a. auf die Tötungswirkung, das Ablenkverhalten an Hindernissen, sowie darauf, da noch keine ausreichenden Untersuchungen vorliegen, welche Auswirkungen die alternativ verwendeten Materialien in bleifreier Munition auf die Gesundheit des Menschen haben können“. „Nach Vorliegen dieser Untersuchungsergebnisse kann mit einer Entscheidung des Bundesministeriums gerechnet werden, ob die Verwendung bleifreier Büchsengeschosse behördlich empfohlen oder gesetzlich angeordnet wird.“ (Originaltext aus dem aktuellen Lebensmittelhygienerecht) 

Des weiteren verstößt ein behördlich, oder von Forstvereinigungen im Vorgriff verfügtes Verbot, bleihaltige Geschosse bei der Jagd auf Schalenwild zu verwenden, gegen EU-Recht: „Ein Blei-Verbot verstoße gegen die Europäische Chemikalienverordnung REACH“, so die Brüsseler Behörde. Ein EU-Mitgliedstaat, der, wie in einigen deutschen Bundesländern eine Substanz verbiete, muss das Verbot umfassend begründen und die benannten Gefahren nachweisen. Das Gutachten ist der ECHA (European Chemicals Agency) zur Prüfung vorzulegen, die dann über ein Verbot innerhalb der EG-Länder befinden könne.

Soweit zu den „Bionic“ Geschossen der Bleifrei-Welle.

Stand der Dinge März 2015.

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